Montag, 19. Dezember 2005

Der Beförderungsfall

Westbahnhof

Fünf Jahre blau-orange-schwarze Bundesregierung haben aus der ÖBB einen Sanierungsfall gemacht. Die Rechnung zahlen die "Beförderungsfälle".

In den Top-Etagen der ÖBB sitzen Menschen, die niemals die Bahn benutzt haben. Ihr einziger Bezug zur Bahn ist der Bezug als Aufsichtsrat. Und das richtige Parteibuch. Früher blau, jetzt orange. Die Fahrgäste wissen, was das bedeutet. Überfüllte Züge, gestresste ZugbegleiterInnen, keinen Speisewagen, Verspätungen und Frust. Und das täglich. Irgendwie bekommt man das Gefühl nicht los, als würde die ÖBB-Führung regelmäßige Seminare über "effektive Kundenvertreibung" anbieten. Hier stellvertretend drei Beispiele aus dem Bahnalltag:

IC 645: "Heeresgeschichtliches Museum"

Abfahrt 13:10 Uhr. Wer in Salzburg einsteigt hat - sofern er früh genug dort ist - gute Chancen auf einen Sitzplatz im etwas kurz geratenen IC 645. In Attnang Puchheim steigen schon verdächtig viele Fahrgäste zu. Der Zug ist, das wissen auch die Verantwortlichen, gut besucht. In Wels sind nur mehr wenige Sitzplätze zu ergattern. In Linz ist der Zug bereits voll. In St. Valentin müssen die ersten Fahrgäste bereits stehen. Wer in St. Pölten zusteigt ist selber schuld. Sitzplätze sind völlig weg. Stehplätze sind rar. Vor den Toiletten – so der Tipp leidgeprüfter Fahrgäste – hat man vielleicht noch eine Chance. Das Ritual wiederholt sich täglich. Niemand kommt auf die Idee den Zug zu verstärken, niemand kommt auf die Idee, einen zweiten Zug einzusetzen. Zugbegleiter - sie müssen den Frust der Fahrgäste ertragen – können nur auf "die da oben" verweisen.

"Das Rad fährt mit!"
RadfahrerInnen wissen. Fahrrad und Bahn ist in Österreich ein Widerspruch in sich. Eine der schönsten Radtouren führt von Mariazell über St. Aegyd über das Traisental nach St. Pölten. Für RadlerInnen ein Hochgenuss. Eine ideale zwei Tagestour. Freitag oder Samstag Nachmittag nach Mariazell. Am nächsten Morgen gemütlich auf dem Rad nach St. Pölten. Wenn sie es schaffen nach Mariazell zu kommen. Mit dem Rad. Das geht nur mit dem Auto. Die Mariazeller-Bahn hat nur zwei Züge, die das Fahrrad mitnimmt. Einen um 7:25 Uhr und einen um 8:23 Uhr von St. Pölten. Für WienerInnen ideal! Nachher nimmt keiner der Züge ein Fahrrad mit.

"Strafzuschlag" statt Speisewagen

Drei Euro "Strafzuschlag" muss jeder bezahlen, der sich erlaubt, im Zug ein Ticket zu kaufen. Die Bahn hat noch immer nicht begriffen, dass "Beförderungsfälle" auch Kunden sind. Könnt ja jeder kommen. Der Personalabbau geht weiter. Ab 2006 werden Züge mit noch weniger Zugbegleiter ausgestattet. Fahrgäste werden so genannte "Selbstkontrollerwagen" vorfinden. Wer ohne Fahrschein einsteigt wird kräftig zur Kassa gebeten: künftig wird jeder "Beförderungsfall" 60 Euro (!) Strafe zum Ticket zahlen. Das Kundenvertreibungsseminar hat ganze Arbeit geleistet.

Westbahnhof1


Blau-Orange Bahn

Ex FPÖ Minister Dieter Böhmdorfer hat gleich drei (!) Aufsichtsratsmandate: ÖBB Holding, Infrastruktur Bau AG und Infrastruktur Betrieb AG. Der Jung Freiheitliche Martin Mödritscher, Mitarbeiter im Kabinett Gorbach, sitzt sowohl in der Infrastruktur Bau AG und in der Infrastruktur Betriebs AG. Gorbach-Sekretär Martin Santer ist zweiter Geschäftsführer der Schienengesellschaft. Der FPÖ-Spitzenpolitiker Gilbert Trattner ist Finanzvorstand der ÖBB-Infrastruktur Bau AG. Ex FPÖ Vizeklubdirektor Georg Fürnkranz ist Geschäftsführer der Schienen-Control GmbH. Die glücklose FPÖ Ex-Ministerin Monika Forstinger wurde mit dem Verkauf von ÖBB-Immobilien beauftragt.

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